Erster Weltkrieg und
    Besatzung 1918-1930
    in Rheinland-Pfalz

    Die Bedeutung der BASF im Ersten Weltkrieg

    0.1.Die wirtschaftliche Stellung der BASF

    Vor dem Ersten Weltkrieg beherrschte die industrielle Farbherstellung in Deutschland 85% des Farbenweltmarktes. Ein wichtiges Unternehmen, das etwa ab dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts Farben nicht mehr nur auf der Basis pflanzlicher Rohstoffe herstellte, sondern aufgrund chemischer Forschungsergebnisse synthetisieren konnte, war die BASF in Ludwigshafen. [Anm. 1]

    Mit Ausbruch des Krieges 1914 gefährdete der Exportstopp diesen herausragenden Status der Farbenindustrie. Auch wurden deutsche Firmen im Ausland von den Kriegsgegnern übernommen und dortige Patente als ungültig erklärt. Nur nach China, Spanien, Italien und in die USA war es zunächst noch möglich, deutsche Produkte zu exportieren. Auch Russland ließ die BASF noch ihre Vorräte aus Butirki benutzen, strich jedoch jeglichen Erlös in Russland selbst ein. Die einstige Einnahmequelle der BASF, die Farbe "Indigo", brachte wegen des Exportstopps auch nur noch um 45% niedrigere Erlöse, wohl auch, weil die neutrale Schweiz ihre Stellung auf dem Farbmarkt ausbauen konnte. Die neue Produktionsreihe konnte jetzt nur noch nach Österreich-Ungarn, Dänemark und in die Niederlande verkauft werden. [Anm. 2]

    0.2.Wissenschaftliche Forschung bei BASF

    Seit der Jahrhundertwende fanden bei der BASF aber auch umfangreiche Forschungen auf einem ganz anderen Gebiet statt: Der chemischen Ammoniakoxidation. Und schon 1912 konnte die Forschungssensation verkündet werden, dass es tatsächlich gelungen war, Ammoniak auf synthetischen Weg zu gewinnen. Diese Entdeckung war von herausragender Bedeutung, da man von nun an Mineraldünger herstellen und somit die Erträge der Landwirtschaft sichern konnte. [Anm. 3] Carl Bosch und Fritz Haber entwickelten diese bahnbrechende Methode, die heute „Haber-Bosch-Verfahren“ genannt wird und noch immer angewandt wird.

    Eine weitere bedeutende Konsequenz der synthetische Ammoniakgewinnung zeigte sich im Laufe des Ersten Weltkriegs. Sie war nicht nur notwendig, um mit Hilfe des neuen Düngers die Landwirtschaft und damit die Lebensmittelversorgung aufrecht zu erhalten, sondern wurde auch für die Herstellung von Sprengstoff benötigt.

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    Die Bedeutung der BASF für den Krieg

    Der Blick auf die Werke in Ludwigshafen und Oppau 1939

    Der Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 fiel mitten in die noch andauernde Suche nach einer optimalen praktischen Umsetzung der synthetischen Ammoniakgewinnung in Oppau, sodass die dortige Arbeit unterbrochen werden musste. Die Gründe für den kurzzeitigen Produktionsstopp waren vielfältig: Der Eintritt vieler Arbeiter in die deutsche Armee zog einen akuten Arbeitskräftemangel nach sich,[Anm. 4] die Nachfrage auf dem Farbenmarkt sank um ein Vielfaches ab und einige Rohstoffe, die für die Produktionsverfahren notwendig waren und importiert werden mussten, waren immer schwieriger zu beschaffen.

    Einer dieser Rohstoffe war Salpetersäure, die aus Stickstoff gewonnen wurde und u.a. auch für die Kriegswirtschaft von erheblicher Bedeutung war, da sie einen der Basisstoffe für die Herstellung von Sprengstoff und Munition darstellte. Bereits in den ersten Monaten des Krieges wurde die Einfuhr dieses Stoffes aus Chile gestoppt, sodass sich die deutsche Regierung - wollte sie dem Stellungskrieg standhalten - nach alternativen Stickstoffquellen umsehen musste. Nach der Beschlagnahmung und dem Aufkauf aller verfügbaren Stickstoffreservate im Reich[Anm. 5] kam man auf den Gedanken, die Ammoniaksynthese bei BASF für die Gewinnung von Salpetersäure zu nutzen. Ende September reiste Carl Bosch nach Berlin und versicherte dem Kriegsministerium, binnen sechs Monate 5000 Monatstonnen Natronsalpeter zur Herstellung von Sprengstoff und Munition bereitzustellen. [Anm. 6] Daraufhin nahm der Standort Oppau seine Arbeit wieder auf, wurde ausgebaut und erhielt eine neue, einzig auf die chemische Herstellung von Salpetersäure spezialisierte Anlage. Langsam aber sicher entfernte sich die BASF von ihrem eigentlichen Produktionsfeld, den Farben und der Düngemittelproduktion. 1918 erwirtschaftete sie 78% ihres Umsatzes durch Kriegsmaterialien, auch wenn sie offiziell nie in die eigentliche Sprengstoffproduktion einstieg. [Anm. 7]

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    0.3.Die BASF im Ersten Weltkrieg

    1915 wurden erstmals Mitarbeiter des Werkes Oppau, nahe der französischen Grenze, angegriffen, sodass strengere Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden mussten. Die Unternehmensleitung errichtete deshalb eine Maschinengewehrstellung, die durch einen zusätzlichen Ring von FLAK-Batterien gesichert war. 1918 wurden zum Schutz des Werkes Abfangflieger benutzt, ferner wurde sogar eine Scheinfabrik errichtet. Trotz dieser Anstrengungen stand das BASF-Werk in Oppau im Ersten Weltkrieg unter ständigem Beschuss und war ein permanenter Angriffspunkt für ausländische Fliegerstaffeln. Eine Folge des ständigen An- und Abschaltens bei und nach Angriffen war der zunehmende Verschleiß vieler Gerätschaften und die daraus resultierende verminderte Produktivität. Nach unzähligen Luftangriffen einigte sich die BASF mit den führenden Staatsmännern darauf, ein neues Werk im Inland zu errichten, wobei die BASF lediglich die Baukosten und das Reich alle anderen Kosten übernehmen sollte, da dieses Werk nach dem Krieg nicht mehr wettbewerbsfähig sein und somit für die wirtschaftliche Zukunft der BASF kaum Bedeutung haben würde.

    Die neue Anlage wurde in Leuna, nahe Merseburg, errichtet und arbeitete auf Braunkohlebasis.[Anm. 8] Schon im November 1916 standen erste Gebäude für die Ammoniak- und Gasherstellung bereit, zusätzlich wurde die örtliche Infrastruktur durch die BASF gestärkt, da sie Verkehrsanbindungen sowie Wasser- und Elektrizitätsversorgung benötigte. Die Anlage in Leuna sollte doppelt so groß wie das Werk in Oppau werden, wurde schließlich jedoch nur bis zum 2. Bauabschnitt fertiggestellt. Nachdem das erste Werk in Leuna funktionsbereit war, wurden einige Fachkräfte aus Oppau dorthin versetzt, die Hauptarbeiterschaft wurde aber aus Kriegsgefangenen rekrutiert.[Anm. 9]

    Auf dem Höhepunkt der Stickstoffproduktion belief sich die Gesamtbeschäftigtenzahl in Oppau und Leuna auf ca. 22.000, also doppelt so viele Arbeitnehmer wie vor dem Ersten Weltkrieg. Nichtsdestotrotz versuchte die Unternehmensführung ihrer sozialen Rolle als Arbeitgeber auch während des Krieges gerecht zu werden. In den Jahren 1914 bis 1918 zahlte das Unternehmen Familien, deren Ernährer im Krieg waren, Hilfsgelder und den Männern an der Front ließ man Weihnachtspakete zukommen. Die Bemühungen gingen soweit, dass die BASF ihren Mitarbeitern mit firmeneigenen Geldern Rabatte beim Lebensmittelkauf verschaffte. Diese Sozialleistung musste allerdings eingestellt werden, da sich andere Arbeiter ungerecht behandelt fühlten. [Anm. 10]

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    0.4.Die BASF nach 1918

    Nach dem Krieg hatte die BASF nicht nur ihre Stellung auf dem Weltmarkt verloren, sondern auch ihre Eigenständigkeit als Unternehmen. Erst mit dem Ende der Besatzungszeit und nach internen Umstrukturierungen erholte sich das Unternehmen wirtschaftlich.

    Auf Grund der militärischen Relevanz der BASF-Werke im Ersten Weltkrieg unterstand die wiederaufgenommene Farbenproduktion nach 1918 in der darauffolgenden Besatzungszeit einer ständigen und sehr strikten Kontrolle der französischen Militärs. [Anm. 11] Ein Grund für die Anwesenheit der Franzosen war ihr Interesse am mittlerweile lizensierten Haber-Bosch-Verfahren. Der Unternehmensführung gelang es nicht, die Technologien ihrer Arbeit vor der französischen Besatzungsmacht geheim zu halten. [Anm. 12]

    Eine Explosion im Oppauer Werk am 21. September 1921 kostete über 500 Menschen das Leben und beendete somit auch die Geschichte des im Krieg so wichtigen BASF-Werkes in Oppau.


    "Kein Kunstfehler und keine Unterlassungssünde hat die Katastrophe herbeigeführt. Neue, uns auch jetzt noch unerklärliche Eigenschaften der Natur haben all unseren Bemühungen gespottet. Gerade der Stoff, der bestimmt war, Millionen unseres Vaterlandes Nahrung zu schaffen und Leben zu bringen, den wir seit Jahren hergestellt und versandt haben, hat sich plötzlich als grimmiger Feind erwiesen aus Ursachen, die wir noch nicht kennen. Unser Werk hat er in Schutt gelegt. Aber was ist das alles im Vergleich zu den Opfern, die die Katastrophe gefordert hat! Hier stehen wir ganz machtlos und ohnmächtig, und all das Selbstverständliche, was wir tun können, um die trauernden Hinterbliebenen und die Verletzten zu trösten, ist nichts im Vergleich zu den Verlusten."
    (Carl Bosch auf der Trauerfeier 1921) [Anm. 13]

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    Literatur:

    • Abelshauser, Werner [Hrsg.]: Die BASF, eine Unternehmensgeschichte. München 2002.
    • Teltschik, Walter: Geschichte der deutschen Großchemie, Entwicklung und Einfluß in Staat und Gesellschaft.  Weinheim 1992.

    Verfasser: Jannik Piroth

    Red. Bearb. Katharina Thielen

    Erstellt am: 30.05.2013

    Anmerkungen:

    1. Abelshauser, S. 37ff. Zurück
    2. Abelshauser, S. 169. Zurück
    3. Wie Abelshauser S. 158 berichtet, wurden die neuen Forschungsergebnisse der BASF von August Bernthsen auf dem Internationalen Kongress für Angewandte Chemie in New York publik gemacht.  Zurück
    4. Abelshauser, S. 168f. spricht bei etwa 2000 Angestellten von 43% Kriegsdienstleistender. Zurück
    5. Abelshauser, S. 170. Zurück
    6. Zum sog. "Salpeter-Versprechen" Abelshauser, S. 171. Zurück
    7. Abelshauser, S. 173. Zurück
    8. Zum "Leuna-Projekt" ausführlich Abelshauser, S. 174-181. Zurück
    9. Abelshauser, S. 184f. spricht von 400 russischen Kriegsgefangenen 1915 uns von 900 Kriegsgefangenen, 900 deutsche Soldaten und 600 belgischen Zivilisten gegen Ende des Krieges. Zurück
    10. Abelshauser, S. 185. Zurück
    11. Abelshauser, S. 195. Zurück
    12. Genaueres hierzu bei Abelshauser, S. 196. Zurück
    13. Zitiert nach: https://www.landeshauptarchiv.de/service/landesgeschichte-im-archiv/blick-in-die-geschichte/archiv-nach-jahrgang/21091921/   Zurück