Soziale Not und staatliche Maßnahmen
Der über vier Jahre andauernde Krieg hatte deutliche Spuren in der deutschen Gesellschaft hinterlassen. Zahlreiche Männer waren im Krieg gefallen, ihre Familien waren ohne Absicherung. Andere waren durch den Krieg invalide geworden. Infolge der Demobilisierung wurden allerorts Frauen entlassen, damit die ehemaligen Soldaten wiedereingestellt werden konnten. Beschäftigte verloren aufgrund wirtschaftlicher Umwälzungen und politischer Krisen ihre Arbeitsstelle. Ruhrkampf und Inflation verschärften die finanzielle Situation auch vieler bürgerlicher und gewerbetreibender Familien.
Die Besatzungsmächte boten kaum neue Arbeitsmöglichkeiten. In die Grenzregion wie den Landkreis Trier-Saarburg zogen darüber hinaus Flüchtlinge aus Elsass-Lothringen und anderen zuvo deutschen Gebieten. Sie waren wie Invaliden, Witwen und Waisen sowie zahllose Erwerbslose auf die kommunale Fürsorge angewiesen. Ers 1927 trat das Gesetz zur Arbeitslosenversicherung in Kraft, das jedoch nur für einen kleinen Teil der Probleme Abhilfe schaffen konnte.
Die Soldaten und Zivilangestellten der Besatzer benötigten Unterkünfte und Arbeitsräume, sodass bis in die späten 1920er Jahre zahlreiche Häuser und Wohnungen beschlagnahmt waren. Nicht nur deshalb mangelte es nach dem Ersten Weltkrieg in vielen Städten an Wohnungen. Die Stadtverwaltungen versuchten dem Problem durch kommunalen Wohnungsbau und Unterstützung von gemeinnützigen Baugesellschaften zu begegnen. Allerdings konnte die Bautätigkeit erst nach der Währungsreform und dem Dawesplan (1924) beginnen. Das größte Projekt in Mainz wurde 1925 bis 1928 gemeinsam von der Reichsbahn und der Stadt am Fichteplatz verwirklicht. In der rund 1.000 Wohnungen umfassenden Siedlung waren die Forderungen von Ärzten und Sozialreformern nach Licht, Luft, Sonne und Grün beispielhaft umgesetzt.
Staatliche Sonderdarlehen für die besetzten Gebiete ermöglichten den Kommunen bis zur Weltwirtschaftskrise weitere umfangreiche Bauaktivitäten.
Chronik der Stadt Linz, 31. Dezember 1918
„Die Bautätigkeit – private wie öffentliche – ruhte auch in diesem Jahre fast vollständig. Die Wohnungsnot bleibt weiter drückend. Durch die ungenügende Erstellung von Wohnbauten vor dem Kriege und durch das Ruhen der Wohnbautätigkeit während der Kriegszeit überschritt die Wohnungsnachfrage das Angebot ganz bedeutend. Verschärft wurde die Notlage durch die nach hier in größerer Anzahl überwiesenen Eisenbahnbeamten und durch den Häuserankauf industrieller Gesellschaften. Die bisher so schwierige Beschaffung des Baumaterials in Verbindung mit den hohen Baukosten erschweren und unterbinden die Bautätigkeit auch seitens der Stadt.“ (Stadtarchiv Linz, P 33)
Texte und Redaktion:
Dr. Walter Rummel (Landesarchiv Speyer), Dr. Hedwig Brüchert; Dr. Ute Engelen, Marion Nöldeke, Dr. Kai-Michael Sprenger (alle Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V.), Franziska Blum-Gabelmann M.A. (Haus der Stadtgeschichte Bad Kreuznach), Dr. Eva Heller-Karneth (Museum Alzey), Dr. Armin Schlechter (Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz, Pfälzische Landesbibliothek)