Erster Weltkrieg und
    Besatzung 1918-1930
    in Rheinland-Pfalz

    Abzug 1922–1923 – „Farewell“ in Raten

    Abreise am Koblenzer Bahnhof im März 1922[Bild: Sammlung Armin Bode-Kessler]

    Mit dem deutsch-amerikanischen Separatfrieden vom 25. August 1921 schwand in der amerikanischen Politik und Öffentlichkeit zunehmend die Unterstützung für eine Fortsetzung der Besetzung im Rheinland. Immer wieder kamen Gerüchte über einen vollständigen Abzug auf, was die Heiratsquote zwischen Amerikanern und Deutschen sprunghaft ansteigen ließ. Im März 1922 folgte schließlich die Weisung aus Washington, alle amerikanischen Truppen bis zum 1. Juli 1922 aus dem Rheinland abzuziehen. General Allen wie auch General Pershing sahen dies allerdings als verfrüht an. Letztlich sollte sich der Rückzug noch verzögern, als Allen im Juni 1922 den Befehl erhielt, vorerst doch noch mit etwa 1.200 Mann im Rheinland zu verbleiben.

    Verladung eines Militärfahrzeugs in Koblenz[Bild: Sammlung Armin Bode-Kessler]

    Willig sprangen nun die Franzosen ein. Schon im Sommer 1919 hatte das französische Militär versucht, Zugriff auf Koblenz zu bekommen, was allerdings von Allen und Pershing verhindert worden war. Als die US-Truppen 1922 nur noch in geringer Zahl im Rheinland standen, akzeptierte General Allen eine schrittweise Stationierung französischer Truppen in der amerikanischen Zone. Nur so konnte er eine einigermaßen effiziente Kontrolle gewährleisten. Ab dem Frühjahr 1922 zogen kleinere französische Einheiten in die US-Zone ein, die sich allerdings Allens Kommando unterstellen mussten. Mit dem eigenmächtigen Einmarsch der Franzosen und Belgier in das Ruhrgebiet am 11. Januar 1923 sah sich die US-Regierung in Washington indes gezwungen, einen Schlussstrich unter die amerikanische Rheinlandbesetzung zu ziehen und auch die letzten noch verbliebenen 1.200 Amerikaner aus dem Rheinland abzuziehen.

    Karikatur auf den Abzug der Amerikaner und die trauernden deutschen Fräuleins, aus: Powter McGinness: When I was in Germany. Coblenz 1919[Bild: Smithsonian Libraries, Public domain]

    Am 24. Januar 1923 um 12 Uhr wurde in einer feierlichen Zeremonie die amerikanische Flagge auf der Festung Ehrenbreitstein eingeholt und an ihrer Stelle die französische gehisst. Fortan sollte die Zone komplett unter Kontrolle der Franzosen gestellt werden, die zuvor schon offen mit der Übernahme der amerikanischen Zone begonnen und unmissverständlich gezeigt hatten, wer künftig die Befehlsgewalt innehatte.

    Rückseite einer am 21. November 1941 gestifteten Erinnerungs-medaille für die amerikanischen Besatzungssoldaten[Bild: Alexander Barnes, Colonial Heights, VA]

    Für viele Bewohner an Rhein und Mosel bedeutete dies nicht nur eine erneute Veränderung ihrer alltäglichen Lebenssituation, sondern auch einen Abschied von den inzwischen vertraut gewordenen Doughboys. Aus einstigen Feinden waren in kurzer Zeit Partner oder gar Freunde geworden. Bezeichnend für diese Auffassung mag Hermann von Hatzfeldt (1867–1941), Reichskommissar für die besetzten rheinischen Gebiete, stehen, der bei der Verabschiedung General Allens den Beginn der politischen Freundschaft zwischen Deutschland und Amerika zum Ausdruck brachte. Als Feinde seien die Amerikaner gekommen, aber als Freunde geschieden, und er habe die Hoffnung, dass das von den Amerikanern gegenüber Deutschland gezeigte Bestreben nach Menschlichkeit und hohem Sinn für Rechtlichkeit noch nicht erschöpft sein möge. Mit Blick auf den Charakter der amerikanischen Besatzung nach dem Zweiten Weltkrieg, für welche die kurze Besatzungszeit 1918–1923 sogar zum Modell avancierte, sollte er ohne Zweifel Recht behalten.

    Texte und Redaktion: Marc Holzheimer M.A., Hauke Petersen M.A., Benjamin Pfannes B.A., Dr. Kai-Michael Sprenger