Erster Weltkrieg und
    Besatzung 1918-1930
    in Rheinland-Pfalz

    8. Anhang

    Anlage 1

    Strafbemessungen Nr. 1. Verfassungsdatum unbekannt. Aus Aktenzusammenhang vermutlich im Sommer 1920 entstanden. Quelle: SA, KO, Best. 623, Nr. 5103, S.202.

    Strafbemessungen

    des amerikanischen Landstreichergerichts und obersten Feldgerichts.

    (Vagrancy Courts and Superior Provost Courts)

    (Gefängnisstrafen und Geldstrafe)

     

    [sic: Der vorliegende Text wurde exakt und inkl. Rechtsschreibfehlern aus den Quellen übernommen]

    [...]

    Jugendliche werden den deutschen Gerichten überwiesen.

    Weibliche Landstreicher: 5-20 täglich (Höchstzahl an einem Tage 108)

    Strafe: 2-6 Monate Gefängnis, mit Strafaufschub, falls bei der Betreffenden keine Krankheit festgestellt wird. Sofort zu verbüssende Gefängnisstrafe von 2-6 Monaten, falls die Betreffenden krank sind oder erschwerende Umstände vorliegen; hiervon müssen bei der ersten Vorführung 2 Monate, bei der zweiten 4 Monate, bei der dritten 6 Monate abgesessen werden. Mädchen, die nicht im amerikanischen Besatzungsgebiet herimisch [sic: heimisch] sind, werden nach Verbüssung der Strafe ausgewiesen. (Es handelt sich hier meistens um deutsche, französische, belgische,

    polnische, etc. Frauenpersonen)

    Männliche Landstreicher: Meistens Polen, Russen, Spartakisten usw.; diese werden ausgewiesen. Bei der zweiten Vorführung werden sie zu einer sofort zu verbüssenden Gefängnisstrafe von 2-6 Monaten verurteilt.

     

    Anlage 2

    Strafbemessungen Nr. 2. Verfassungsdatum unbekannt. Aus dem Aktenzusammenhang vermutlich im Sommer 1920 entstanden. Quelle: SA, KO, Best. 623, Nr. 5103, S. 202f.

    Oberstes Feldgericht.

    (Superior Provost Court)

    (Die Angeklagten haben das Recht, sich einen Verteidiger zu stellen und die Vernehmung von Zeugen zu beantragen.)

    [sic: Der vorliegende Text wurde exakt und inkl. Rechtsschreibfehlern aus den Quellen übernommen. Die Abkürzung "n. v." steht für "nicht im Original vorhanden"]

    Gefängnisstrafe Geldstrafe
    minimummaximumminimummaximumBeides ?
    Ungesetzlicher Kauf oder Verkauf von Waren1 Mon.6 Mon.100 M5.000 MJa
    Verstoss gegen Luxussteuerges.6 Tage2 "50 M1.000 "-
    Diebstahl von am. Eigentum1 Mon.6 "100 M5.000 MJa
    Beschädigung oder Vernichtung von am. Eigentum6 Mon.[n.v.]100 M5.000 M-
    Verkauf von verbotenen Getränken20 Tage3 Mon.500 M1.000 M-
    Unerlaubter Verkauf von unechtem Wein und Bier10 Tage2 Mon.50 M500 M-
    Übervorteilung beim Verkauf von Waren10 "2 "50 M500 M-
    Unerlaubter Besitz von Waffen1 Mon.6 Mon.100 M5.000 M-
    Verstoss gegen die Sanitätsvorschriften10 Tage2 "50 M500 M-
    Ausübung der gewerbsmässigen Unzucht durch Geschlechtskranke2 Mon.6 "--
    Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit10 Tage2 "50 M500 M-
    Verstoss gegen die Verkehrsbestimmungen10 "2 "50 M500 M-
    Falsche Berichte an Beamten der Vereinigten Staaten10 "2 "50 M1.000 M-
    Vorsätzlicher Ungehorsam gegen Befehl einer Militärbehörde2 Mon.6 "---
    Nichtbefolgung solcher Befehle20 Tage3 "100 M1.000 M-
    Beleidigung der amerikanischen oder verbündeten Armeen2 Mon.6 Mon.---
    Respektloses Verhaten gegenüber Offizieren15 Tage4 "100 M1.000 M-
    Betrügerische Forderung gegen die Regierung der Vereinigten Staaten1 Mon.6 Mon.100 M5.000 M-

                                     

    Anlage 3

    Gerichtsverfahren. Quelle: SA, KO, Best. 623, Nr. 5103, S. 46-48.

     

    Gerichtsverfahren beim amerikanischen

    Profossengericht

    amerikanische Streitkräfte in Deutschland.

    [sic: Der vorliegende Text wurde exakt und inkl. Rechtsschreibfehlern aus den Quellen übernommen]

    1) Der Angeklagte wird in Kenntnis gesetzt von seinen Rechten in seiner eigenen Sprache, wie folgt:

    • er braucht sich nicht selbst zu belasten
    • er kann einen Rechtsanwalt nehmen, wenn er dies wünscht.
    • das Gericht wird alle Zeugen vorladen, deren er bedarf.
    • er kann eine Abschrift der Anklage haben
    • Fälle werden nur auf neue und wichtiges Beweismaterial hin wieder eröffnet.

    2)  Die Anklage wird dem Angeklagten in seiner eigenen Sprache vorgelesen.

    3) Er wird gefragt, ob er einen Verteidiger haben, oder sich selbst verteidigen will. Der Fall wird um 24 Stunden  verschoben zur Erlangung eines Verteidigers. Abschrift der Anklage wird geliefert, wenn gewünscht.

    4) Der Angeklagte plädiert „schuldig“ oder „nicht schuldig“ zu der ihm vorgelesenen Anklage. Dies wird auf der Anklageschrift vermerkt.

    5) Die Zeugen für die Strafverfolgung werden hereingerufen und leisten den Eid.

    6) Der erste (Haupt) zeuge der Strafverfolgung macht seine Aussagen. Diese wird dem Angeklagten verdolmetscht.

    • gewöhnlich ist nur ein Zeuge im Raum während der Aussage.
    • Der den Fall leitende Polizeibeamte bleibt gewöhnlich im Raum.
    • Das Gericht ist offen. Einige interessierte Besucher können im Gerichtsraum untergebracht werden – Verwandte, Freunde etc.ddes auf Ersuchen.
    • Besucher müssen sich ordentlich und still verhalten.

    7) Der Angeklagte kann den Zeugen ins Kreuzverhör nehmen. Dies wird gewöhnlich durch den Richter getan. Zeugen sprechen nicht direkt mit dem Angeklagten. Dem Angeklagten wird reichlich Zeit gegeben seine Geschichte zu erzählen. Zu diesem Zeitpunkt stellt er nur Fragen an den Zeugen.

    8) Andere Zeugen der Strafverfolgung sagen einzeln aus. Der Angeklagte kann jedem durch den Richter Fragen stellen.

    ALSDANN

    9) Der Hauptzeuge für die Verteidigung leistet den Eid.

    10) Der Hauptzeuge der Verteidigung sagt aus.

    11) Der Polizeibeamte oder der Richter können ein Kreuzverhör machen. Ein Zeuge kann ablehnen, Fragen zu beantworten, die ihn selbst belasten.

    12) Andere Zeugen der Verteidigung werden einzeln hereingerufen. Gewöhnlich ist nur ein Zeuge gleichzeitig im Raum. Ein Zeuge kann befragt werden und kreuzverhört werden.

    13) Jede Partei oder der Richter können Zeugen zur Wiederlegung ihrer Aussagen wieder hereinrufen. Diese sind dann, wenn zurückgerufen, dem Kreuzverhör unterworfen. Der Richter kann Fragen an zwei oder mehr Zeugen zusammenstellen, wenn notwendig.

    14) Dokumente, eingebracht durch eine Seite werden der anderen Seite gezeigt.

    15) Dem Angeklagten werden seine Rechte hinsichtlich seiner Aussagen in seiner eigenen Sprache erklärt.  Diese sind:

    • Er kann wie eine Zeuge vereidigt werden, in welchem Fall er ins Kreuzverhör genommen werden kann.
    • Er kann eine Erklärung nicht unter Eid abgeben hinsichtlich mildernder Umstände oder Begnadigung. c)        Er kann beides wie oben tun, oder,
    • sich nicht äussern.

    16) Der Angeklagte oder sein Verteidiger können eine Schlusserklärung machen oder eine Zusammenfassung gegenüber dem Gerichtshof

    17) Die Strafverfolgung kann dasselbe tun.

    18) Der Richter wird Besucher auffordern sich zurückzuziehen am Schluss der Verhandlung, wenn er dies für wünschenswert hält.

    19) Der Befund und das Urteil werden auf der Anklageschrift vermerkt oder an sie angehangen durch den Richter. Beides wird bei offenem Gericht bekannt gegeben werden. Beide werden dem Angeklagten in seiner eigenen Sprache bekannt gegeben werden.

    20) Der Richter wird, oder wird nicht zu diesem Zeitpunkt seine Gründe für ein schweres oder mildes Urteil mitteilen, die Verordnungen die diese Strafe vorsehen, seine Ansichten über ein nachträgliches Gnadengesuch, eine Warnung an den Angeklagten hinsichtlich seines zukünftigen Betragens.

    21) Der Gerichtshof wird sofort in Ruhe freigemacht werden für den nächsten Fall.

     Bemerkungen

    ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

    1) Weder die Polizei noch der Angeklagte sollten erwarten, dass sogenanntem „Hören und Sagen“ Beweismaterial Wert beigemessen wird. Jeder Zeuge muss Tatsachen aus erster Hand berichten. Andere Zeugen müssen anwesend sein, um bezüglich ihrer eigenen Handlungen und Tatsachen auszusagen.

    2) Verschiebungen werden bei vernünftigen Gründen gewährt. Verzögerungen, die eine Härte darstellen für die sich in Haft befindlichen Personen, werden nicht gewährt werden es sei denn aus dringenden militärischen Gründen.

    3) Nach der Urteilsverkündung ist der Fall geschlossen. Der Angeklagte kann später ein schriftliches Gnadengesuch an das Civilangelegenheitsbüro senden, oder wenn gute Gründe vorliegen an eine höhere Behörde.

    4) Gestohlene Waren, Likör, Waffen etc. sollen im Gerichtshof identifiziert werden.

    5) Der Angeklagte kann sein Zeugen in der Ordnung wie er es wünscht hereinrufen und auch so seine Aus- sagen machen.

    22) Wenn notwendig, kann die Urteilsverkündung am nächsten Tage stattfinden.

    • Wenn ein medizinischer Bericht bezüglich Gesundheit oder Verantwortlichkeit wünschenswert ist,
    • wenn gesetzliche Behörden befragt werden müssen,
    • wenn der Richter weiteres Beweismaterial oder die Oertlichkeit zu besuchen wünscht.

     

     

    April 1921                                                                                     gez. P.M. GOODRICH

                                                                                                                                   Richter.

     

    Für die Richtigkeit der Übersetzung

    [Unterschrift Martin Steins]

    Martin Steins. Dolmetscher.

     

    Anlage 4

    Übersicht über Personenschäden verursacht durch Amerikaner innerhalb der Besatzungszone vom 01.12.1918 bis zum 10.01.1921. Quelle: SA, KO, Best. 623, Nr. 5775, S. 103f.

     

                                                         Gesamtübersicht

    über die durch Angehörige der Besatzungstruppen herbeigeführten Personenschäden

    [sic: Die Aufstellungen zu den übrigen Besatzungsmächten wurde an dieser Stelle nicht übernommen.]

     

    TötungKörperverletzungBemerkungen
    a) Schuss 25a) Schuss
    b) Auto 55b) Auto 150
    c) Sonstige 13c) Sittlichkeitsverbrechen 3
    d) Überfälle 15
    e) Sonstige 181
    93379Die Amerikaner haben 18 Fälle an erkannt ; in 4 anderen Fällen haben sie Anerkennungsschreiben ausgestellt, jedoch bis heute noch nicht den zuerkannten Betrag ausbezahlt. 3 weitere Fälle haben sie zum Teil anerkannt.

    (Die Angeklagten haben das Recht, sich einen Verteidiger zu stellen und die Vernehmung von Zeugen zu beantragen.)