Erster Weltkrieg und
    Besatzung 1918-1930
    in Rheinland-Pfalz

    0.Montabaur im Ersten Weltkrieg im Spiegel archivalischer Quellen

    0.1.Montabaur

    Die Kreisstadt Montabaur liegt im Unterwesterwald und ist überwiegend katholisch geprägt. 1914 war Montabaur vorzugsweise eine Dienstleistungsstadt mit vergleichsweise wenigen Industriebetrieben. Viele Schulen, u. a. das Kaiser-Wilhelms-Gymnasium und das Lehrerseminar gaben Montabaur den Beinamen „Westerwaldathen“.

     

    Gesamtansicht von Montabaur. Südseite vom Schlossberg, etwas verdeckt, die Gärtnerei Kespe; darunter Hämmerleins Garten, ein Sonntagsausflugslokal. Im Vordergrund das alte Gefängnis. Rechts das städt. Elektrizitätswerk mit Kamin, davor der Stadtbach (Gäulsbach). Aufnahme: ca. 1900
    Fundstelle: Stadtarchiv Montabaur (StAM), Bildarchiv, Sig. 0064-000

    0.2.Der Beginn des Ersten Weltkriegs

    Der Beginn des Ersten Weltkrieges wurde in der regionalen Presse aufgezeigt. Das „Kreisblatt für den Unterwesterwaldkreis“ brachte am 31. Juli 1914 die Meldung, dass nun der allgemeine Kriegszustand erklärt sei. Damit verbunden ging auch die Meldung zur allgemeinen Mobilmachung ein. Im „Kreisblatt für den Unterwesterwaldkreis“ ist zu lesen: „Extra-Ausgabe. Auf Befehl seiner Majestät des Kaisers wird für den Bezirk des XVIII. Armeekorps hierdurch der Kriegszustand erklärt. Die vollziehende Gewalt geht damit an mich, im Befehlsbereich der Festungen Mainz und Coblenz an den Gouverneur bzw. Kommandanten der Festung über. Die Zivilverwaltungs- und Gemeindebehörden verbleiben in ihren Funktionen. Sie haben aber meinen Anordnungen und Aufträgen, im Befehlsbereich der Festungen Mainz und Coblenz denen des Gouverneurs bzw. Kommandanten der Festung Folge zu leisten. Der Kommandierende General.“ Der erste Mobilmachungstag war der Sonntag, der 2. August 1914. Das „Kreisblatt für den Unterwesterwaldkreis“ macht in dicken Lettern darauf aufmerksam: „Extra-Ausgabe. Die Mobilmachung ist befohlen! Der erste Mobilmachungstag ist der 2. August!“ Zu diesem Zeitpunkt beschrieb W. Kalb (Anm in seinem Beitrag: „Montabaur im Weltkrieg 1914 – 1918 und in der Besatzungszeit“, S. 3) die Kriegsbegeisterung, die Montabaur unmittelbar nach Kriegsbeginn erfasste wie folgt: „Als im Juli 1914 nach dem Mord von Sarajewo der Weltbrand entfacht war, der Weltkrieg ausbrach, da schlug im deutschen Volk die Flamme heiliger Begeisterung hoch, zum Kampf für das deutsche Land in hehrem Opfersinn bereit. Durch Deutschland brauste der Sturm und riß alle Herzen mit. Ein Kampf stand uns bevor, wie ihn die Welt vorher nie gesehen, Heldentaten gingen wir entgegen, wie sie die Welt vorher nicht kannte.[Anm. 1]

    Gesamtansicht von Montabaur. Hämmerleins Gartenwirtschaft, Hämmerleins Garten. Aufnahme: ca. 1900, Fundstelle: StAM, Bildarchiv, Sig. 0059-000

    Von Kriegsbeginn an musste in Montabaur der Bahnschutz gewährleistet werden. Der südlich des Aubachs an der Hohen Straße gelegene Bahnhof war am 30. Mai 1884 in Betrieb genommen worden und war Teil der rechtsrheinischen Strecke Bendorf/Engers – Montabaur – Limburg an der Lahn. Montabaur war seitdem über Bendorf/Engers mit Köln und über Limburg mit Frankfurt a. M. verbunden. Da der Bahnhof strategisch günstig gelegen war, musste er besonders bewacht werden.

    „Der drohenden Sabotierung unserer militärisch oder wirtschaftlich notwendigen Anlagen musste man entgegenarbeiten; man organisierte so auch bei uns den Bahnschutz: alle Brücken und wichtigen Bahnübergänge wurden ständig bewacht gehalten; starke Wachen standen auch an unseren Wasserleitungsanlagen im Stadtwald, waren doch Gerüchte aufgetaucht, feindliche Spione versuchten unsere Brunnen zu vergiften. Am Gesellenhaus und an der Oberförsterei am Bahnhof wurden starke Schlagbäume errichtet, Wachen hielten hier der drohenden Spionagegefahr wegen die durchfahrenden Kraftwagen an.“[Anm. 2]

    Parallel zum organisierten Bahnschutz erfolgte nach dem 2. August 1914 die allgemeine Mobilmachung. Auch hier musste alles möglichst schnell gehen.

    „Mobilgemacht wurde jetzt auch bei uns alles, was zur Kriegsführung notwendig war; das vorhandene Pferdematerial wurde gesichtet; Wagen und Kraftfahrzeuge wurden herangeholt. In langen Zügen eilten die Pferdetransporte durch unsere Stadt, lange Wagenreihen gingen nach Koblenz.“[Anm. 3]

    Unmittelbar nach Kriegsbeginn wurden in der Kreisstadt Montabaur die Aushebungen für den gesamten Unterwesterwaldkreis vorgenommen. Durchgeführt wurden die Aushebungen in „Hämmerleins Garten“, einem beliebten Bier- und Tanzlokal.

    Die Aushebung erfolgte innerhalb des kurzen Zeitraumes von sechs Wochen. Am 17. September 1914 war der gesamte Landsturm mobil gemacht. Dienstpflichtig waren Männer vom vollendeten 17. bis zum 45. Lebensjahr.

    „Bekanntmachung:

    Die Musterung und Aushebung der Militärpflichtigen der Jahrgänge 1894, 1895 und 1896, die bei einem früheren Kriegsersatzgeschäft zurückgestellt, oder ausgehoben und zum Heeresdienst noch nicht einberufen sind, findet am Sonntag, den 4. d. Mts. Nov., mittags 7 ½ Uhr in Hämmerleins Gartenlokal statt. – Die Militärpflichtigen haben pünktlich, körperlich rein, in reiner Wäsche und rechtzeitig zu erscheinen. – Wer ohne genügende Entschuldigung sich nicht zur Musterung stellt, hat schwere Strafe zu gewärtigen. – Bekanntgemacht am 2. März 1916 – gez. Pilgenröther.“ [Anm. 4]

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    0.3.Die Ersten Kriegsverluste

    Schon nach nur wenigen Wochen wandelte sich die Kriegsbegeisterung in Trauer und Schweigen. Innerhalb kurzer Zeit kehrten die ersten schwer verwundeten Soldaten, deren Anblick die Zivilbevölkerung zusehends schockierte, zurück. Ebenso häuften sich auch die Todesanzeigen in den Zeitungen. Die ersten vier Gefallenen wurden am 24. August 1914 im „Kreisblatt des Unterwesterwaldkreises“ genannt.

    Nur einen Tag später, am 25. August 1914, erreichte bereits der erste Verwundetentransport den Bahnhof in Montabaur. Das Lazarett wurde von den Barmherzigen Brüdern betrieben. In ihrer Chronik ist zu lesen, dass Krieg „eingreifende Veränderungen in das Leben der Brüder“ brachte.„Die Häuser in Montabaur und Fulda dienten als Lazarette, auch die übrigen Filialen nahmen Verwundete auf. Notdürftig blieben die Niederlassungen mit den Brüdern besetzt, die vom Heeresdienst befreit waren.“[Anm. 5]

    Katholisches Gesellenhaus (Kolpinghaus), Katholische Pfarrkirche, Blick zum Schloss. Aufnahme: ca. 1900, Fundstelle: StAM, Bildarchiv, Sig. 0058-000

    Die an der sog. „Heimatfront“ zurückgebliebenen Frauen organisierten sich in „Vaterländischen Frauenvereinen“. Ihre Aufgabe bestand darin, die Verwundeten zu versorgen und zu betreuen. Die „Vaterländischen Frauenvereine“ boten interessierten Frauen außerdem Unterrichtskurse in Krankenpflege sowie Kurse zur Konservierung von Obst und Gemüse an.

    In Montabaur befand sich der Verein im katholischen Gesellenhaus, dem sog. „Kolpinghaus“ nahe der Koblenzer Straße.[Anm. 6] In diesem Gebäude wurden auch Lebensmittel, Genussmittel und Wäschestücke gesammelt und als Liebesgaben an „Feldgraue“ und Lazarette versandt. 1915 gab das Rote Kreuz diese Aufgabe an die Stadt ab.

     

    Am 22.11.1916 erließ der Reichstag das „Gesetz der Zivildienstpflicht“. Dieses verpflichtete jeden männlichen Deutschen ab dem 17. Lebensjahr zum vaterländischen Hilfsdienst. Damit war der „Dienst bei Behörden und behördlichen Einrichtungen insbesondere die Arbeit in der Kriegsindustrie, in der Landwirtschaft, in der Krankenpflege und in kriegswirtschaftlichen Organisationen jeder Art sowie in sonstigen Betrieben, die für Zwecke der Kriegsführung oder Volksversorgung unmittelbar oder mittelbar von Bedeutung sind“[Anm. 7] gemeint.

    Auch die Stadtverwaltung Montabaur hatte die Aufgabe, das Gesetz schnellstmöglich umzusetzen. Die „Heimatarmee“ musste auch hier die kriegsverwendungsfähigen Männer ersetzen. In Montabaur waren insgesamt 196 Männer in der „Heimatarmee“ tätig, und zwar bevorzugt als Schuhmacher für Heeresarbeiten, in der Landwirtschaft oder im Geschäftsbetrieb.[Anm. 8]

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    0.4.Die Kriegswirtschaft

    Rathaus und Gebäude der Rathaus-Apotheke. Aufnahme: 1970er Jahre, Fundstelle: StAM, Bildarchiv, Sig.: 0153-000

    Montabaur war traditionell eine Schusterstadt, hatte jedoch im Gegensatz zu Pirmasens und Hauenstein nach der Jahrhundertwende keine industrielle Schuhproduktion eingeleitet. Dennoch gab es in der Stadt damals noch zahlreiche kleinere Schuhwerkstätten, deren Aufgabe nun darin bestand, Soldatenstiefel zu reparieren.

    „Mit das größte Problem“, schreibt Kalb, „war für Deutschland die Versorgung von Heer und Heimat mit den notwendigen Lebensmitteln; das Problem, an dem ja auch mit der endgültige Erfolg des Krieges für uns scheiterte. Bekanntlich standen uns vor dem Krieg durch unseren Handel die Ernten der ganzen Welt zur Verfügung. Nun wurde das auf einmal anders; Deutschland und seine Bundesgenossen wurden fast von jeder Einfuhr abgeschnitten und die Inlandsregierung ging von Jahr zu Jahr zurück infolge von Mangel an menschlichen und tierischen Arbeitskräften und Düngemitteln.“[Anm. 9]

    Der Staat hatte die Aufgabe, die im Inland vorhandenen Lebensmittel zu erfassen und zu verteilen. Ziel war die Sicherstellung der Ernährung der Bevölkerung. Dabei wurde eine Rangordnung unter den Lebensmitteln erstellt. Erklärtes Ziel war der Erhalt der Grundnahrungsmittel. Hierzu mussten Luxusgüter reduziert oder sogar ganz aufgehoben sowie die weitere Verteilung der Lebensmittel von der Stadtverwaltung übernommen werden

    Die heimische Landwirtschaft wurde aufgrund der Nahrungsmittelverknappungen zunehmend wichtiger. Folglich musste sie leistungsfähig erhalten werden. Auch in Montabaur war man auf den Einsatz von Erntehelfern angewiesen. Zu diesen einfachen Arbeiten wurden Schüler herangezogen, ab 1915 zunehmend auch Kriegsgefangene. Sie wurden im Alten Amtsgericht sowie in einem Gebäude an der oberen Kirchstraße untergebracht.

    Großer Markt mit Kirchstraße und dem neugotischen Rathaus rechts im Blick. Aufnahme: um 1915, Fundstelle: StAM, Bildarchiv, Sig. 1253-000

    Dennoch verschlechterte sich die Ernährungslage der Bevölkerung zusehends: Anfang 1915 wurde die Brotversorgung rationiert. Brot konnte nur noch über gedruckte Brotmarken bezogen werden, wobei jeder Erwachsene noch Anrecht auf 1.750 gr. Brot oder auf 1.400 gr. Mehl wöchentlich hatte. In Montabaur erfolgte die Verteilung der Brotmarken halbmonatlich auf dem Bürgermeisteramt. Ab Oktober 1915 wurden Fleischkarten eingeführt, wobei an eine erwachsene Person ca. 150 gr. bis 250 gr. Fleisch wöchentlich ausgegeben wurde. Allerdings waren die Fleischrationen während des Krieges schwankend und gegen Kriegsende zunehmend nicht mehr gegeben.

    Am 1. Juni 1916 richtete die Stadtverwaltung Montabaur daher eine Lebensmittelstelle ein, welche die Nahrungsmittel bei den Produzenten feststellte und an die versorgungsberechtigte Bevölkerung weiterleitete. Ihr stand eine Lebensmittelkommission von elf Mitgliedern und dem Bürgermeister Martin Sauerborn als Vorsitzender zur Seite. Ihre Aufgabe war es, die Lebensmittel an die Stadtbewohner auszuteilen, wobei es zwischenzeitlich für fast jedes Lebensmittel Karten gab. Neben Brot, Fleisch und Wurst waren nun auch Fette, Öle und Eier rationiert. Ein großes Problem für die Stadtverwaltung war die Sicherstellung der Milchversorgung, zumal Milch nur noch in geringem Maße zur Verfügung stand. Bezugsberechtigt waren Kinder, stillende und schwangere Frauen, Kranke und Schwache. Milch erhielt mal also nur aufgrund besonders ausgestellter Milchkarten und nur aufgrund eines ärztlichen Attests. Auch Zwieback und Gries galten fortan als Krankenkost. Dabei wurden die Stadtbewohner über stattfindende Lebensmittelverkäufe durch Plakate informiert.

    Häuser in Montabaur. Altes Amtsgericht (ehemaliges Franziskanerkloster) – undatiert. Fundstelle: StAM, Bildarchiv, Sig. 1187-000

    Des Weiteren wurde eine städtische Dörranstalt Mitte Juli 1916 in den unteren Räumen des Amtsgerichts eröffnet. Auf zwei Dörrapparaten konnte man hier Zwetschgen, Obst und Gemüse für den Winterverbrauch konservieren.


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    Am 17. Juni 1917 wurde die Kriegsküche in Betrieb genommen. Auch sie hatte ihren Sitz in den unteren Räumen des alten Amtsgerichts und stellte der Bevölkerung nach einem wöchentlich festgelegten Speiseplan vor allem Suppen zur Verfügung.

    Mit Kriegsbeginn setzte auch ein zunehmender Rohstoffmangel ein, der Beschlagnahmungen nach sich zog. Walter Kalb führte in einer Liste auf, welche Rohstoffe im Verlauf des Ersten Weltkrieges von der Bevölkerung beschlagnahmt wurden: „Von der Bevölkerung wurden beschlagnahmt: 1914 Häute und Felle; 1915: Leder, Wolle, Lumpen, Gummi, Kautschuk, Metalle (Kupfer, Messing, Nickel, Zinn, Aluminium, Blei); 1916: Web- und Strickwaren, Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände, Spinnstoffe und Garne, Fahrradbereifungen, Metalle (Platin, Zinn), alle Nussbäume; 1917: Seide, Zellstoff, Spinnpapier, Kunstwatte, Bindegarn, Nesselfasern, Segeltuche, Zelte, Theaterkulissen, Kalzium-Karbid, Steinkohleteerpech, Dachpappe, Metalle in Prospektpfeifen, Bierglasdeckel, Gebrauchsgegenstände aus Kupfer; 1918: rohe Menschenhaare, Sonnenvorhänge, Tischwäsche, Benzin, Leichtöl, Weiden.“[Anm. 10]

    Im Zuge der allgemeinen Rohstoffverknappung gab es ab 1916 Kleiderkarten, Schuhkarten und Kohlenkarten. Ab 1917 musste erstmals Holz als Rohstoff für die „Fußbekleidung“ herhalten. Für die Bevölkerung wurden Schuhsohlen aus Holz eingeführt. Die Montabaurer Schuster führten die Herstellung von Schuhen mit Holzsohlen nur sehr ungern aus, da ein solches Schuhwerk auch damals schon als extrem rückständig galt und sich das Leder außerdem nur schwer darauf anbringen ließ.[Anm. 11]

    Auch in den Kirchen befanden sich weitere Metalle, die beschlagnahmt wurden. Am 10. Januar 1917 wurden in der kath. Kirche, der evang. Kirche und in dem Lehrerseminar die Orgelpfeifen beschlagnahmt und Kirchenfenster auseinander gebrochen, um das Zinn, das die Bierglasdeckel umfasste, weiter verwerten zu können. Am 1. März folgte die Beschlagnahmung der Bronzeglocken. Lediglich die drei größten Bronzeglocken von der kath. Pfarrkirche waren wegen ihres hervorragenden musikalischen Kunstwertes von der Beschlagnahmung befreit. Doch die übrigen Glocken der kath. Kirche, alle Glocken der evang. Kirche und der Kirche der Barmherzigen Brüder sowie jene des Rathausturmes gelangten zur Ablieferung. Zur bereits geplanten Ablieferung der Bronzedenkmäler kam es im letzten Kriegsjahr nicht mehr.

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    0.5.Die Geldwirtschaft: Kriegsanleihen und Notgeld

    „Stark griff der Staat ein in sein Wirtschaftsleben, aber auch in das Leben jedes Einzelnen“[Anm. 12], schreibt Kalb und veranschaulicht damit die Dimensionen des Ersten Weltkriegs.

    Der Krieg verschlang ungeahnte Summen und Deutschland, das vom Ausland größtenteils abgeschnitten war, musste immer wieder neue und große Geldmittel bereitstellen. Dazu wurden neun Kriegsanleihen gezeichnet, die in Montabaur häufig durch Schulklassen eingetrieben wurden.

    Obwohl das Kleingeld aus edlem Metall eingezogen wurde und Ersatzgeld in Umlauf kam, herrschte Kleingeldnot. Deshalb sah sich die Stadt Montabaur im Juni 1917 zusätzlich dazu veranlasst, Ersatzgeld in Münzform herauszugeben. Die achteckigen Münzen zierte das Stadtwappen, die Wertbezeichnung und die Aufschrift: Kleingeldersatzmarke Stadt Montabaur 1917.[Anm. 13]

    0.6.Die Folgen des Krieges in Montabaur

    Bereits während des Ersten Weltkriegs hatte der Staat die Pflicht, die Kriegsinvaliden durch Geldmittel zu unterstützen. Doch auch die Arbeitsämter mussten aktiv werden, etwa wenn es um Stellenvermittlung, Berufsberatung oder gar um eine Berufsumbildung ging. Nur drei Tage nach dem offiziellen Beginn des Ersten Weltkrieges, am 4. August 1914, erließ der Staat daher ein Gesetz, das den Angehörigen von Kriegsteilnehmern eine Kriegsunterstützung zusicherte. Die Stadtverwaltung Montabaur erhöhte diese Unterstützung nochmals um weitere 50%. Am Ende des Krieges 1918 hatte die Stadt Montabaur insgesamt 180 Gefallene zu beklagen. Ihnen zu Ehren, wurden an verschiedenen Orten Gedenktafeln angebracht. Teilweise nur noch in schlechtem Zustand sind folgende Gedenktafeln erhalten:

    • Gedenktafel der Gefallenen des Ersten Weltkrieges des ehemaligen Lehrerseminars
    • Gedenktafel der Gefallenen des Ersten Weltkrieges des kath. Gesellenvereins
    • Gedenktafel der Gefallenen des Ersten Weltkrieges des Turnvereins

    Zudem wurde eine Erinnerungsglocke und eine Ehrentafel für Gefallene der ehemaligen Landwirtschaftsschule des Ersten und Zweiten Weltkrieges errichtet.

     

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    1.Die Darstellung des Ersten Weltkrieges in der Weimarer Zeit und der Forschungsstand heute

    Der vorliegende Aufsatz beruht auf einer Auswertung der Behördenakten des Stadtarchivs Montabaur unter Berücksichtigung regionalgeschichtlicher Darstellungen über den Ersten Weltkrieg. Darunter nimmt die 1930 erschienene Darstellung von Walter Kalb: „Montabaur im Weltkrieg 1914 – 1918 und in der Besatzungszeit“ eine herausragende Stellung ein, da es dem Verfasser gelungen ist, auf sachliche Weise Behördenakten auszuwerten und vielfach auch statistisch auszuarbeiten. In seinem kurzgefassten Vorwort vermerkt Walter Kalb:

    „Vorliegendes Schriftchen stellt einen kurzen, gedrängten Auszug dar aus dem von mir im Auftrage der Stadtverwaltung Montabaur verfaßten fünfbändigen Werk, der Orts- und Kriegsgeschichte von Montabaur, umfassend die Jahre 1914 bis 1929. Da von unserer Bevölkerung schon lange der Wunsch geäußert wurde, diese Arbeit, wenn auch auszugsweise, gedruckt zu sehen, so ist dies somit geschehen. Meiner treuen Heimatstadt, die in diesen Tagen die Freude hat, ihre Tausendjahrfeier zu begehen, ist auch diese Arbeit, wie die anderen dieser Art, von Herzen gewidmet.“

    1.1.Zur Person von Walter Kalb

    Walter Kalb wurde 1904 in Montabaur geboren. Er war Sohn des Buchhändlers Willy Kalb. Nach seinem Abitur studierte er an den Universitäten Bonn, Marburg und Frankfurt Kunstgeschichte und Geschichte. 1930 feierte die Stadt Montabaur ihr tausendjähriges Stadtjubiläum. Walter Kalb hatte damals frisch sein Studium abgeschlossen, war 26 Jahre alt.

    Die Stadtverwaltung stellte den jungen und noch Arbeit suchenden Akademiker ein. Seine Aufgabe war es, einen Umzug anlässlich der 1000-Jahresfeier auszurichten sowie ein Kreisheimatmuseum einzurichten. In dieser Zeit verfasste Kalb zahlreiche stadthistorische Beiträge. Ein Großteil seiner damals entstandenen Schriften befasste sich mit dem Ersten Weltkrieg und der amerikanischen und französischen Besatzungszeit bis 1929.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor sein Schrifttum an Bedeutung. Kalb selbst war bis 1939 Mitglieder der NSDAP und auf vielschichtige Weise in der NS-Bewegung engagiert, was ihn in Montabaur in Schwierigkeiten brachte. In der Nachkriegszeit verließ er deshalb die Stadt und verdiente sich seinen Lebensunterhalt fortan als Angestellter in der Finanzverwaltung in Koblenz.

    Walter Kalb verstarb am 16.07.1989, in Halbs.[Anm. 14]

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    1.2.Der Forschungsstand heute

    Bis 1980 (heute) zielen die Nachforschungen zum Ersten Weltkrieg ausschließlich auf überregionale Fragestellungen ab. Lange Zeit standen die weltpolitischen Interessenkonflikte der am Krieg beteiligten Mächte im Mittelpunkt der Diskussion. Es ging vorrangig um die Schuldfrage („Fischer-Kontroverse“).[Anm. 15]

    Im regionalen Bereich wurde der Erste Weltkrieg bis 1980 kaum berührt. 1980 wurde an der Universität Gießen erstmals der Zeitraum des Ersten Weltkrieges im Siegerland zum Thema erhoben. In der Heimatforschung gestaltet sich der Sachverhalt ähnlich. Um 1991, mit der Verabschiedung des Landesarchivgesetzes, wurden auf regionaler Ebene Archive eingerichtet, die Heimatforschung beginnt zu florieren.Darstellungen zum Ersten Weltkrieg finden sich meist in Stadtchroniken und Ortschroniken. Einzeldarstellungen, etwa mit dem Titel: Der Erste Weltkrieg in Montabaur oder Der Erste Weltkrieg im Westerwald lassen sich jedoch nicht finden: Anlässlich „100 Jahre Erster Weltkrieg 1914 – 1918“ gibt es jedoch seit 2014 eine Neuerscheinung auf dem Büchermarkt: Uli Jungbluth: „Gott mit uns: Erster Weltkrieg im Westerwald“, Selters (Eigenverlag) 2014.

    Die Redakteurin der Westerwälder Zeitung, Silke Müller, rezensierte das Buch mit folgenden Worten: „Auf rund 250 Seiten beschreibt er und trägt zusammen, wie die heimische Region die Zeit zwischen 1914 und 1918 erlebt und was sich in diesen Jahren im Westerwald zugetragen hat. Dabei lässt er aber nicht die große Geschichte außen vor, die er jeweils mit der heimischen Historie verbindet. Besonders lebendig wird das Werk durch die Zeitzeugen, die Uli Jungbluth in seinem Buch immer wieder zu Wort kommen lässt, sowie durch die zahlreichen ansprechenden Grafiken und Bilder. Dem Leser ermöglicht der Autor auf diese Weise, hautnah in die Zeit des Ersten Weltkrieges und dessen Folgen im Westerwald einzutauchen.[Anm. 16]

    Dieser Beitrag blieb allerdings bei der vorliegenden Darstellung noch unberücksichtigt, da er zu dem Zeitpunkt, als die Verfasserin ihren Beitrag erstellt habe, noch nicht auf dem Büchermarkt war. Doch er sollte nicht unerwähnt bleiben, zumal er der erste Beitrag ist, welcher die Geschichte des Ersten Weltkrieges im Westerwald zum Thema hat.

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    Verfasserin: Regina Fiebich

    erstellt am: 14.12.2015

    red. Bearb. KT

    Quellen:

    • Stadtarchiv Montabaur (StAM), Abt. 4, Nr. 705: Vaterländischer Hilfsdienst (1917)
    • StAM, Abt. 4, Nr. 709 – 710: Allgemeine Kriegsmaßnahmen (1914 – 1918)
    • StAM, Abt. 4m Nr. 764: Veranstaltungen während des Krieges (1917 – 1918)

    Literatur:

    • Uli Jungbluth: „Gott mit uns: Erster Weltkrieg im Westerwald. Selters (Eigenverlag) 2014.
    • Walter Kalb: Montabaur im Weltkrieg 1914 – 1018 und in der Besatzungszeit. Montabaur 1930.
    • Montabaur Anno Dazumal. Eine Bildersammlung mit erläuternden Beschreibungen, Gedichten und Erinnerungen. Herausgeber im Eigenverlag: Franz Josef Löwenguth. Montabaur 1976.
    • Zum Gedächtnis an das 100jährige Jubiläum der Genossenschaft der Barmherzigen Brüder von Montabaur (1856 – 1956). Limburg 1956.

    Anmerkungen:

    1. Walter Kalb: Montabaur im Weltkrieg 1914 – 1918 und in der Besatzungszeit. Montabaur 1930. Zurück
    2. Kalb, S. 4. Zurück
    3. Kalb, S. 5. Zurück
    4. Anhang Nr. 1: StAM, Abt. 4, Nr. 705: Städtische Bekanntmachung betreffs Musterung und Aushebung der Militärpflichtigen. Zurück
    5. Zum Gedächtnis an das 100jährige Jubiläum der Genossenschaft der Barmherzigen Brüder von Montabaur (1856 – 1956). Limburg 1956, S. 22. Zurück
    6. Der kath. Gesellenverein (heute: Kolpingverein) hatte zu Beginn des Ersten Weltkrieges in Montabaur bereits Tradition. Er wurde am 7. September 1862 gegründet. 1906 erbaute der Kolpingverein das an der Koblenzer Straße gelegene kath. Gesellenhaus als Vereinshaus. Das Gebäude ist zwischenzeitlich abgerissen. In: Montabaur Anno Dazumal. Eine Bildersammlung mit erläuternden Beschreibungen, Gedichten und Erinnerungen. Herausgeber im Eigenverlag: Franz Josef Löwenguth. Montabaur 1976. Zurück
    7. Zit. n. URL: http://www.stahlgewitter.com 16 11 22.htm Zurück
    8. Anhang Nr. 2: StAM, Abt. 4, Nr. 705: Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst. Anhang Nr. 3: StAM, Abt. 4, Nr. 705: Liste der Schuhmachermeister, die mit Heeresarbeiten beschäftigt sind. Anhang Nr. 4: StAM, Abt. 4, Nr. 705: Liste der zum Vaterländischen Hilfsdienst gemeldeten Personen Zurück
    9. Kalb, S. 12. Zurück
    10. Kalb, S. 11. Zurück
    11. Anhang Nr. 5 (StAM, Abt. 4, Nr. 709) steht für den Bezug von Seifenkarten durch Montabaurer Geschäftsleute. Anhang Nr. 6 (StAM, Abt. 4, Nr. 709) beinhaltet eine Anweisung zur Gewinnung, Behandlung und Versendung von Rinderfüßen. Zurück
    12. Kalb, S. 9. Zurück
    13. Anhang Nr. 7: StAM, Abt. 4, Nr. 764: Einladung zu einer Kino-Vorstellung zu Gunsten der VI. Kriegsanleihe. Anhang Nr. 8: StAM, Abt. 4, Nr. 764: Rechnung der Deutschen Film-Gesellschaft m.b.H., Frankfurt a. M. vom 03.04.1917. Filme: Stolz weht die Flagge; Der feldgraue Groschen; Das Kriegs-ABC.
      Darüber hinaus waren alle Bürger dazu angehalten, ihre goldenen Trauringe abzugeben. Getreu dem zeitgenössischen Propagandaspruch „Gold gab ich für Eisen“ erhielten sie stattdessen Eheringe aus Eisen.Anhang Nr. 9: StAM, Abt. 4, Nr. 764: Aufruf zur Ludendorff-Spende für Kriegsbeschädigte. Anhang Nr. 10: StAM, Abt. 4, Nr. 764: Drei Kriegsgedichte (Verwundet von Paul Werncke; Ludendorff von Paul Werncke; Ludendorff-Spende für Kriegsbeschädigte von Fritz Engel) Zurück
    14. Beurkundet beim Standesamt Westerburg unter der Register-Nr. 67/1989. Zurück
    15. Fritz Fischer: Juli 1914: Wir sind nicht hineingeschlittert. Das Staatsgeheimnis um die Riezler-Tagebücher. Eine Streitschrift, Hamburg 1983. Zurück
    16. URL: http://www.rhein-zeitung.de/region/lokales/westerwald  Zurück