Stars and Stripes am Deutschen Eck
Die amerikanische Besetzung an Rhein und Mosel (1918–1923)
Nicht selten werden der rasante wirtschaftliche Aufstieg und Wohlstand in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Marshallplan in Verbindung gebracht. Der Namensgeber des Marshallplans, der damalige US-Außenminister George C.Marshall, erhielt 1953 für sein European Recovery Program (ERP) zur Hilfe kriegsgeschädigter europäischer Staaten sogar den Friedensnobelpreis. Seine profunden Kenntnisse darüber, wie ein Land nach einer so schweren Niederlage zu behandeln sei, resultierten nicht zuletzt aus seinen persönlichen Erfahrungen nach dem Ersten Weltkrieg. Als Adjutant John J. Pershings (1860–1948), des Oberbefehlshabers der US-Streitkräfte in Europa, war er bereits nach dem Ersten Weltkrieg an den Rhein gekommen.
Nach zwei Weltkriegen und darauffolgender amerikanischer Besetzung ist Deutschland längst politischer Partner und Freund der USA geworden. Über 50.000 Amerikaner leben heute in Rheinland-Pfalz und damit in jenem Bundesland, das wie kaum ein anderes von der Präsenz der Amerikaner geprägt wurde. Bis zum heutigen Tag ist die Air Base in Ramstein einer der strategisch wichtigsten Standorte der US Air Forces in Deutschland und Europa.
Weder im rheinland-pfälzischen noch im deutschen oder amerikanischen Gedächtnis ist verankert, dass schon nach dem Ende des Ersten Weltkrieges bis 1923 weite Teile des Gebiets von Trier bis Koblenz und im Westerwald eine eigene amerikanische Besatzungszone bildeten.
Dabei markieren diese Jahre durchaus eine prägende Zeitspanne. Nach der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts näherten sich in den Jahren der amerikanischen Besetzung Deutsche und Amerikaner auf unterschiedlichen Ebenen an. In dieser Zeit begann eine politische Kooperation und Aussöhnung zwischen Deutschland und Amerika, die im August 1921 mit dem Separatfrieden zwischen den USA und dem Deutschen Reich einen ersten außenpolitischen Ausgleich und Höhepunkt fand. Aus einstigen Feinden waren in kurzer Zeit Partner oder gar Freunde geworden.
Doch nicht nur politisch, auch wirtschaftlich, sozial- und kulturgeschichtlich hat diese etwas mehr als vierjährige amerikanische Besetzung an Rhein und Mosel durchaus Spuren hinterlassen und interessante Begegnungen zwischen den beiden Kulturen ermöglicht. Mit den Doughboys, wie die amerikanischen Soldaten umgangssprachlich genannt wurden, kamen auch Jazz, Baseball, Kaugummi, Donuts, Horseshows und Coca-Cola an den Rhein. Nicht zuletzt gingen zahlreiche Ehen und Kinder aus den deutsch-amerikanischen Beziehungen jener Jahre hervor. Doch bis zum heutigen Tag wissen viele amerikanische und deutsche Familien gar nicht, dass sie – gleichsam als eine Spätfolge dieser Jahre – miteinander verwandt sind.
Das Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e. V. erforscht in einem wissenschaftlichen Projekt diese bislang wenig beachtete amerikanische Besetzung nach dem Ersten Weltkrieg (1918–1923). Damit soll diese Phase der deutsch-amerikanischen Geschichte wieder stärker ins Bewusstsein gerückt und als Teil einer gemeinsamen Erinnerungskultur etabliert werden.
Die Ausstellung „Stars and Stripes am Deutschen Eck. Die Amerikanische Besetzung an Rhein und Mosel 1918–1923“ ist der Beitrag des Instituts zum Jubiläumsjahr „100 Jahre Amerikanische Präsenz in Rheinland-Pfalz“ sowie zum Deutschlandjahr “Wunderbar Together. Germany and the US” (www. wunderbartogether.org).
Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft von Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, Rheinland-Pfalz. Sie ist zudem Teil eines längerfristig angelegten Forschungsprojektes des Instituts für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e. V. zur Präsenz der Amerikaner in Rheinland-Pfalz und zusammen mit der gleichnamigen Fernsehdokumentation (Stars and Stripes am Deutschen Eck) des Südwestrundfunks an verschiedenen Orten in Rheinland-Pfalz wie auch in den Vereinigten Staaten gezeigt.